Sehr geehrte Geschäftspartner! Liebe Kunden!
Die ersten Monate im neuen Jahr sind wie im Flug vergangen und der operative Betrieb schon längst in vollem Gange. Auch wir waren in den letzten Wochen nicht untätig und waren mit unseren Kunden am Banken- und Kapitalmarkt im deutschsprachigen Raum proaktiv unterwegs. Die Zusammenarbeit mit unseren Kunden und unsere langjährige Bankerfahrung zeigen uns, dass es zumeist herausfordernd sein kann, die Chancen und Risiken beider Systemlogiken (Kapitalgeber und Unternehmen) auf einen Nenner zu bringen. Ziel muss es sein, für alle involvierten Parteien im Finanzierungsfall eine „Win-Win“ Situation zu schaffen. In unserem aktuellen Newsletter haben wir für Sie die wichtigsten Erkenntnisse aus unserer Beratungstätigkeit aufbereitet und zusammengefasst. Zur Stärkung unseres Redaktionsteams und zur Erweiterung des angesprochenen Themenkreises, ist es uns diesmal gelungen einen unserer Partner zum Thema Dokumentation und Vertragsgestaltung, Dr. Christian Temmel, mit ins Boot zu holen.
Finanzierungstransaktionen im „Blind Spot“
Jeder Finanzierungsprozess ist die Suche nach dem idealen Berührungspunkt zwischen den Bedürfnissen des Unternehmens und des jeweiligen Kapitalgebers in ihrem individuellen Marktumfeld. Um eine Finanzierungslösung zu finden muss man die Bedürfnisse, Möglichkeiten und Grenzen beider Seiten kennen. Dies kann sich in der Praxis allerdings als Herausforderung erweisen, solange beide Seiten in der Logik ihres eigenen Umfeldes verbleiben. Independent Capital als Partner für Finanzierungslösungen ist mit der internen Logik beider Seiten bestens
vertraut und kann so für beide Partner attraktive Gesamtpakete erarbeiten.
1. Bedürfnisse der Unternehmen
In Zeiten zunehmend restriktiver Finanzierungspolitik der Banken müssen Unternehmen auf der Suche nach einer Finanzierung auf viel mehr Einflussfaktoren als bisher Rücksicht nehmen, um ihren zukünftigen finanziellen und damit gleichzeitig operativen Handlungsspielraum zu gewährleisten. Jedes Unternehmen muss dabei die Relevanz der einzelnen Faktoren prüfen und priorisieren. Typische solche Einflussfaktoren bei Unternehmen sind:
Geschäftsmodell
Das Geschäftsmodell setzt einen Rahmen für die Finanzierungsform. Das Risiko aus dem Geschäftsmodell ist ein erster Anhaltspunkt für das Erfordernis an Eigenkapital, um allfällige Verluste abzufedern. Die Positionierung eines Unternehmens mit seinen Stärken und Schwächen gegenüber Lieferanten, Kunden und Mitbewerbern definiert das Ausmaß und die Art der Finanzierung (Lieferantenkredit, Abnehmerfinanzierung, Projektfinanzierung, etc.). Jede Branche (Handel, Produktion, Anlagenbau, Immobilien, etc.) hat ihre typischen Bedürfnisse und die darauf abgestimmten Finanzierungsinstrumente.
Blick in die Zukunft
Eine plausible Kurz- und Mittelfristplanung ermöglicht dem Unternehmen, zukünftige Liquiditätsbedürfnisse frühzeitig zu kennen. Gleichzeitig lässt sich aus der Planung die zukünftige Bonitätsbeurteilung (Bankenrating) zum Zeitpunkt des Finanzierungsbedarfs abschätzen.
Stressszenarien
Da in der Regel nicht alles nach Plan läuft, ist es unumgänglich, auch allfällige Stressszenarien zu bedenken und ihre Auswirkung auf Rating und Finanzierung auszutesten.
Rechtliche Rahmenbedingungen in bestehenden Vereinbarungen
Bestehende Finanzierungsvereinbarungen können den Verhandlungsspielraum bei der Neufinanzierung beschränken. Typische Beispiele sind bestehende Negative-Pledge-Klauseln, Beschränkungen betreffend der Einschuldung oder der Disposition über Aktiva und bestehende Zusicherungen betreffend Finanzkennzahlen.
Kreditnehmer in der Gruppe
Sobald es sich um eine Finanzierung in der Unternehmensgruppe handelt stellt sich die Frage, wer wofür als Kreditnehmer auftritt. Finanzierungen bottom-up oder top-down, nahe den Assets oder in der Holdinggesellschaft, zentral oder dezentral, in operativen Gesellschaften oder einer Finanzgesellschaft und dergleichen münden aus Sicht der Kapitalgeber letztlich vielfach in der
Problematik der strukturellen Nachrangigkeit und der Einlagenrückgewähr.
Sicherheiten
Je nach Blickwinkel des Unternehmens oder Unternehmers sind Sicherheiten eine „lästige“ Notwendigkeit bzw. eine Möglichkeit, die Finanzierungskosten zu reduzieren.
2. Bedürfnisse der Kapitalgeber
Seitens der Regulatoren besteht die Tendenz, dass die Kapitalgeber zunehmend in ihrer Kredit- und Risikopolitik eingeschränkt werden. Basel II wird durch Basel III abgelöst, die Bedeutung des Hard-Fact-Ratings und der von diesem Rating abgeleiteten Regelwerke nimmt weiter zu. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen müssen Banken Unternehmen mit Liquidität versorgen und selbst wirtschaftlich erfolgreich sein. Eine erste Einstufung im bankinternen Ratingsystem gibt in vielen Fällen Auskunft über die maximale Kredithöhe und Laufzeit, die erforderliche Besicherung und die zu kalkulierenden Risikokosten. Das Rating beeinflusst in manchen Fällen sogar den Deckungswert der angebotenen Sicherheiten. Die Risikopolitik einzelner Banken ist zusätzlich geprägt
von internen Regeln wie Brancheneinschränkungen, Einschränkungen bei Finanzierungsinstrumenten und akzeptablen Sicherheiten sowie Vorgaben bezüglich des Gesamtertrags (Finanzierungs- und Provisionsgeschäft) aus der Geschäftsverbindung mit einem Unternehmen. Entsprechend der individuellen Eigenkapital- und Refinanzierungssituation des jeweiligen Kapitalgebers werden Finanzierungen mit gewissen Laufzeiten favorisiert oder verweigert. Mit all diesen bankinternen Themen ist der Firmenkundenberater einer Bank konfrontiert, wenn er gemeinsam mit einem Unternehmen eine Finanzierung konzipiert.
3. Erreichen einer „Win-Win“ Situation
In der typischen Ausgangssituation sind sowohl das Unternehmen als auch der Kapitalgeber meist in ihrer individuellen Realität gefangen und damit entsteht ein „Blind Spot“ für potentielle Lösungsansätze. Dabei ist die Darstellung für den Blickwinkel und das Verständnis des jeweiligen Gegenübers von essentieller Bedeutung. Die Herausforderung bei einer erfolgreichen Finanzierungstransaktion besteht darin, eine für beide Seiten attraktive Lösung zu finden und sich weniger darauf zu fokussieren, ob etwas möglich ist, sondern viel mehr auf die Frage, wie
es möglich ist.
Finanzierungsinstrumente
Auf Basis der Finanzierungsbedürfnisse, der Unternehmensplanung sowie der Analyse der bestehenden Rahmenbedingungen ergeben sich in der Regel ein oder mehrere Finanzierungsinstrumente, welche am besten die angepeilten Ziele erfüllen. Darüber hinaus ist jedoch zu prüfen, ob im Unternehmen die notwendigen internen Ressourcen, das erforderliche produktspezifische Know How sowie die Bereitschaft zur Offenlegung von notwendigen Informationen zur Umsetzung der jeweiligen Instrumente vorhanden sind.
Finanzierungspartner
In einem nächsten Schritt erfolgt die Auswahl der richtigen Finanzierungspartner. Ausgehend von der bisherigen Finanzierungsstrategie und einer etwaigen Konzentration auf wenige Kapitalgeber ist zu überlegen, ob zur Reduzierung dieser Abhängigkeit eine Diversifizierung erfolgen soll. Meist werden durch die Auswahl neuer Finanzierungsinstrumente automatisch auch neue Kapitalgeber angesprochen. Wie weit deren Angebote kompetitiv sind, kann meist nur durch eine unabhängige Marktperspektive oder eine strukturierte Ausschreibung der Transaktion
unter Einbeziehung der Hausbanken festgestellt werden.
Dokumentation
Nach der grundsätzlichen Einigung über die Eckpunkte der Finanzierung beginnt die eigentliche Herausforderung bei der Umsetzung: die Ausgestaltung der vertraglichen Dokumentation. Dabei werden seitens des Unternehmens Pflichten eingegangen, die Auswirkungen auf die gesamte zukünftige Finanzierung haben und den unternehmerischen Handlungsspielraum erheblich einschränken können. Hier empfiehlt sich, ein großes Augenmerk auf qualitative Kriterien zu legen und sich weniger auf den absoluten Preis zu konzentrieren (dazu siehe Gastkommentar Dr. Temmel, DLA Piper). Die Herausforderung in der Finanzierung ist daher, die Bedürfnisse des Unternehmens und der Kapitalgeber wie oben dargestellt zusammenzuführen und eine „Win-Win
Situation“ zu realisieren.
4. Mehrwert durch Independent Capital
Aufgrund der multidimensionalen Sichtweise kann Independent Capital den angesprochenen idealen Berührungspunkt identifizieren. Unternehmerische Denkweise, Planung und Ratingsimulation in die Zukunft, Konfiguration von Stressszenarien, detaillierte Kenntnisse der möglichen Spielräume der Kapitalgeber und der qualitativen Kriterien der Dokumentation sowie umfangreiches Produktwissen sind die Stärken von Independent Capital. Das umfangreiche Netzwerk auf Seiten der Kapitalgeber und eine langjährige Erfahrung bei der Umsetzung macht Independent Capital zum idealen Partner für Finanzierungstransaktionen.
Gastkommentar Dr. Christian Temmel:
“Unappetitliche Vertragsbestimmungen” bei Finanzierungsvereinbarungen
Kreditnehmer trachten bei der Aufnahme von Finanzierungen in der Regel stets danach, zu günstigen Konditionen einen Kredit zu erhalten. Dies ist nicht ungewöhnlich und bedarf keiner weiteren Erläuterung. Allerdings sind Kreditnehmer regelmäßig nur auf den Zinssatz fixiert und übersehen dabei, dass andere Elemente in der Finanzierungsdokumentation sehr nachteilig sein
können.
1. Kündigungsrecht versus Zins-Step-up?
Kreditgeber sehen bei Verstößen gegen die Kreditvertragsdokumentation oftmals Sanktionen vor. Diese Sanktionen können unterschiedlich gestaltet sein und reichen von der einmaligen Verrechnung von Verzugszinsen, über eine zeitweilige oder permanente Erhöhung des Zinssatzes, bis zu einem Kündigungsrecht, etwa wenn gegen vereinbarte Financial Covenants verstoßen wird. Das Kündigungsrecht für den Kreditgeber bei einem solchen Verstoß ist für den Kreditnehmer oftmals nachteiliger als ein “bloßer” Zins-Step-Up, also die Vereinbarung der Zahlung eines
höheren Zinssatzes. Bereits bei der Grunddokumentation wird ein Kreditgeber – wenn ihm kein Kündigungsrecht eingeräumt wird – einen höheren Zinssatz von Beginn an fordern.
2. Nachrangigkeit und Sicherheiten
Manche Kreditnehmer vereinbaren mit ihren Kreditgebern, dass eine Finanzierung nachrangig gegenüber anderen Verbindlichkeiten ist, wobei der in diesen Fällen zu leistende Zinssatz höher ist als bei gleichrangigen Verbindlichkeiten. Dennoch verlangen manche Kreditgeber auch im Fall nachrangiger Kredit zusätzliche Besicherungen, die aufgrund des Wesens des Pfandrechts wieder
vorrangig sind. Kreditgeber müssen dabei eine höhere Zinslast tragen und binden zusätzlich auch noch Vermögenswerte, die nunmehr nicht mehr für andere Finanzierungen zur Verfügung stehen. Kreditnehmer sollten sich daher gut überlegen, ob sie sich durch eine solche Konstellation tatsächlich einschränken lassen wollen.
3. Cross-Default
Finanzierungsdokumentationen sehen hin und wieder Cross-Default-Klauseln vor, also Bestimmungen, wonach ein Verzug in einem Vertragsverhältnis, das eigentlich nicht zur Finanzierungstransaktion gehört, auch ein Kündigungsrecht für die konkrete Finanzierung auslöst. Cross-Default-Klauseln sind bei manchen Finanzierungsformen, etwa Anleihen, typisch und nicht wegzudenken. Bei Kreditverträgen sieht man sie hin und wieder, allerdings nicht immer, und schon gar nicht immer mit der Folge eines Kündigungsrechts. Auch in diesem Fall könnte es sinnvoller sein, erhöhte Kreditzinsen in Kauf zu nehmen, statt bei einem Verzug in einem anderen Rechtsverhältnis (auch) mit der Kündigung der Finanzierung bestraft zu werden. Es zeigt sich, dass der Zinssatz nicht das einzig relevante Element im Rahmen einer Finanzierung ist. Aus diesem Grund sollten Kreditnehmer stets das “Gesamtpaket” betrachten. Man wird dabei in einigen Fällen durchaus zum Ergebnis gelangen, dass es langfristig gesehen günstiger ist, einen höheren Zinssatz in Kauf zu nehmen, und dafür auf “unappetitliche” Vertragsbestimmungen zu verzichten, statt für den bloßen Vorteil einiger (weniger) Basispunkte beim Zinssatz sich auf Konditionen einzulassen, die sich mittel- bis langfristig als extrem nachteilig herausstellen können.
Dr. Christian Temmel
ist Rechtsanwalt und Partner bei DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH
sowie als Lektor an der Universität Wien und Liechtenstein tätig.